Kacherache, panache (1973)
Meret Oppenheim
Titel des Albums: Man könnte sagen etwas stimme nicht
Titel: Kacherache, panache (Track 03)
Label: S Press Tonband Nr.19, Edition S Press, Hattingen
Datum: 1973
Medium: audio cassette
Die Künstlerin Meret Oppenheim hat nicht nur gemalt und Objekte kreiert, sondern auch Gedichte verfasst, kurze Texte, die sich mit der Literatur der deutschen Romantik auseinandersetzen.
Das Gedicht Kacherache, Panache umfasst reißerisch hervorgebrachte Worte, die in ihrer Art andere Wörter auszulösen vermögen. Der „schüchterne Wallache“ drückt eine Stimmung aus, eine Atmosphäre, die übersehen wird; gerade deshalb breitet sie sich aus. „Aber sicher ist, dass man ihn übersieht“ und damit auch die Stimmung, „so verlangt‘s der gute Ton,“ heißt es weiter. Augenblicke und Erinnerungen werden sprachlich festgehalten. „Ich kenne ihn“, sagt Meret Oppenheim von dem schüchternen Wallach, „er reicht dir die Hand zum Gruß,“ und „auf der Straße beißt er dir in die Wade.“ Die Gedichtzeilen wirken wie Schlagzeilen der aktuellen Tagespresse und erscheinen wie handschriftliche Signaturen oder wie Titel unter ihren Bildern: „Der Königin von England hat er ein Taschentuch geschenkt.“ Der letzte Satz richtet noch einmal wie ‚beabsichtigt‘ Verwirrung an: „Wir wollen lebenslänglich Stühle flechten.“
Gemeinsam ist den frühen Gedichten die plötzliche Gegenwart einer Stimme – wie aus einem Off-Raum gesprochen. Die zusammengestellten Wörter und Zeilen bilden bisweilen bizarre Gerüste und Sprachfiguren, die trotz allem starke Bezüge zum Surrealismus aufweisen. Träume, Ängste, Erotik und Gewalt lassen sich in ihren Texte ebenso oft finden wie Hunde, Hummer, Messer oder Haare.
Wenn es in Oppenheims Werk überhaupt so etwas wie eine übergreifende Idee gibt, dann zeigt sie sich in dem privaten Symbol- und Materialkanon. Dieser hat keine Ursache. Meret Oppenheim sagte einmal, dass jede Idee mit ihrer Form geboren werde. Das gilt sowohl für ihre Bilder, als auch für ihre Gedichte. Sie bemerkte dazu, sie habe niemals im strengen Sinne an diesen Gedichten gearbeitet, sie habe sie aufgenommen und aufgehoben. „Sie sind mir eingefallen.“
ATJ